Das Markenzeichen der schönen heimischen Landschaften ist in Gefahr. Daher startet die Obst-Most-Gemeinschaft Bucklige Welt eine Online-Informationskampagne für die vielfältige Kulturlandschaft der Streuobstwiesen.
Sie sind das Markenzeichen vieler Regionen in Österreich – ganz besonders in der Region Bucklige Welt: die Streuobstwiesen mit ihren unterschiedlichen Bäumen, Früchten und den saftig grünen Wiesen darunter. Kein Wunder, dass sie für viele ein beliebtes Fotomotiv sind. Gerne zückt man Handy oder Kamera, wenn die Bäume im Frühjahr ihr zartes Blütenkleid anlegen oder wenn im Herbst ihre Laubkronen in bunten Farben erstrahlen, um die Pracht der Natur festzuhalten.
Die Streuobstwiesen können und leisten jedoch weitaus mehr, als nur traumhaftes Ambiente für schöne Fotos zu sein: Sie sind Lebensraum für verschiedenste Pflanzen- und Tierarten, Wirtschafts- und Erholungsraum – um nur einige wenige Punkte aufzuzählen. Auf diese Vielfalt der Streuobstwiesen wird „Bucklige Welt Apfelmost“ in den kommenden Wochen besonders hinweisen und haben dazu eine eigene Kampagne gestartet.
Der Grund, warum man die Streuobstwiese in den Fokus rückt, ist jedoch kein sehr erfreulicher: Die Streuobstwiesen sind stark gefährdet! Erlebten die Streuobstwiesen bis zum Ende des 2. Weltkriegs hierzulande einen Boom, folgte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Kahlschlag. Je nach Region wurden zwischen 70 und 80 Prozent der Bäume gerodet, um Platz für die mechanisierte Landwirtschaft und Raum für Siedlungs- und Gewerbegebiete zu schaffen. Gab es 1950 in Österreich noch rund 37 Mio. Bäume im extensiven Obstbau sind es derzeit nur noch rund 4 bis 5 Mio. Das heißt, auf jeden Menschen kommt hierzulande in etwa lediglich ein halber Streuobstbaum!
Dennoch gibt es auch Grund zum Optimismus – nicht zuletzt dank Menschen wie die Obstbauern in der Buckligen Welt, denen die Streuobstwiesen ein Herzensanliegen sind. Schließlich hat die Streuobstwiese auch jede Menge Genuss zu bieten. Daher ist es wichtig, Menschen zu verdeutlichen, dass sie ohne großen Aufwand viel beitragen können, die prachtvollen, landschaftstypischen Streuobstwiesen zu erhalten: Einfach Produkte aus Streuobst kaufen und genießen – wie etwa den Most von den Mitgliedern der Obst Most Gemeinschaft Bucklige Welt. Passend zum Wahljahr 2019 hat „Bucklige Welt Apfelmost“ daher ihr ganz eigenes Wahlprogramm: Most – immer die richtige Wahl!
Der reich strukturierte Lebensraum auf der Streuobstwiese beherbergt artenreiche Lebensgemeinschaften – sowohl im Geäst der Bäume, als auch auf den darunterliegenden Wiesen. Die Artenvielfalt reicht von der Schmetterlingsraupe über seltene Juchtenkäfer bis hin zum Steinkauz.
Werfen wir zunächst einen Blick auf das tierische Leben in den Bäumen. Bäume finden sich auf einer Streuobstwiese oft in unterschiedlicher Höhe und unterschiedlichem Alter nebeneinander. Daher ist es wenig verwunderlich, das sich auf und in jedem Baum andere Tiere finden lassen.
Ganz oben am Baum
Viel tierisches Treiben sieht und hört man oft in der Baumkrone. Singvögel zwitschern, Bienen summen oder der Specht hämmert seinen Schnabel unüberhörbar in die Baumrinde. Das reichhaltige Nahrungsangebot – von der Blüte und den frischen Blättern im Frühjahr, bis zu den Früchten im Herbst – lockt zahlreiche Tiere. Dazu dienen die Baumkronen als Nist- und Brutplatz, Rast- und Zufluchtsort, aber auch als Jagdrevier!
Unter die Lupe genommen
Ein ähnlich spannender Lebensraum ist die Baumrinde – auch Borke genannt. Allerdings muss man diesen Klein-Lebensraum genauer unter die Lupe nehmen, findet sich hier doch eine ganz andere Tierwelt: Ameisen und Käfer krabbeln die Baumstämme empor. Asseln, Milben, Fadenwürmer und Springschwänze fühlen sich auf und unter der Obstbaumrinde wohl, während sich auch Flechten und Moose bei günstigen Bedingungen am Stamm ansiedeln. Jeder Obstbaum hat zudem seinen eigenen Rindentyp, der mit zunehmendem Alter seine Ausprägung erfährt. Die Palette reicht von tiefrissiger bis hin zu glatter Oberfläche.
Ein besonders wichtiger Unterschlupf
Selbst in den nicht einsehbaren Baumhöhlen herrscht viel Leben, denn hier finden viele Tierarten Ruhe und Zuflucht: Ob als Brutplatz für Vögel und Hornissen, Unterschlupf für Säugetiere (Fledermäuse, Mäuse, Sieben- und Gartenschläfer) oder als Vorratskammer und Raststätte. Es hängt von der Art des Obstbaums und dessen Alter ab, wie gut er Baumhöhlen entwickeln kann. Oft macht es für den Obstbauern sogar Sinn, solche Bäume auf der Streuobstwiese zu belassen, die nicht mehr den gewünschten Ertrag bringen, da sie mit ihren Höhlen ein wichtiger Eckpfeiler für das ökologische Gleichgewicht sind.
150 Kilogramm Insekten pro Jahr
Natürlich tummeln sich auch in den Wiesen unter den Bäumen zahlreiche Tiere. Welche hängt natürlich auch von der Art der Wiese ab – von Intensivgrünland bis zur artenreichen Magerwiese. Ein Quadratmeter Obstwiese kann pro Jahr ca. 8.000 Insekten und andere Kleintiere hervorbringen, die Vögeln und Säugetieren als Futterquelle dienen. Wer nun weiß, dass ein Kohlmeisen-Paar mit seinen sechs bis acht Jungen jährlich bis rund 150 Kilogramm Insekten benötigen, kann sich vorstellen, wie wichtig die Streuobstwiesen für solche Vögel sind. Übrigens auf einem Hektar Streuobstwiese können bis zu fünf Meisenpaare brüten – neben 10 bis 15 weiteren Singvögeln! Ebenso wichtig sind die Streuobstwiesen für Wildbienen, die das große und vielfältige Nahrungsangebot von Obstbäumen und Wiesenblumen genauso schätzen wie die Carnica-Bienen der Imker.
Laut Experten kann eine einzige Streuobstwiese zwischen 3.000 und 4.000 Tierarten beherbergen. Auf ganz Österreich verteilt ergeben sich imposante Streuobstwiesen-Zahlen:
- 100 verschiedene Säugetiere
- 400 Vögel
- 400 Schnecken
- 1.000 Spinnen
- 4.000 Schmetterlinge
- 7.400 Käfer
- 8.000 „Zweiflügler“ (Fliegen, Mücken, etc.)
- über 10.000 „Hautflügler“ (Bienen, Wespen, Ameisen, etc.)
- rund 37.000 Insektenarten insgesamt
Durch den Rückgang der Flächen an Streuobstwiesen in Österreich seit Mitte des 20. Jahrhunderts um weit über 50 Prozent, sind auch viele Tierarten auf diesen Flächen verschwunden. Daher gilt es mit dem Erhalt der Streuobstwiesen auch ein Zeichen für den Arten- und Tierschutz zu setzen. Dafür kann jeder etwas tun: Produkte von der Streuobstwiese – wie etwa den Most – kaufen und konsumieren.